ANGÉLICA CASTELLÓ
sonic blue (LP)
Interstellar / interstellarrecords.at
sonic blue (LP)
Interstellar / interstellarrecords.at
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Ich meine, für die Rezeption von „sonic blue“ den von David Toop
beschriebenen und
prolongierten „Ocean of Sound“ heranzuziehen läge hier doch zu
obligatorisch auf der
Hand und ist für Those who know bestenfalls ein mildes Lächeln wert.
Vielleicht mit einem ;) , aber dafür ist dieses Werk ein zu ernsthaft
angegangenes Unterfangen, sowas kann man nicht der Diskursmaschine als
Schmäh zum Frass vorwerfen.In aller Kürze: Angelica Castello hat einige von Heike Vester und Richie Herbst bei den Lofoton Islands/Norwegen getätigten Unterwasser aufnahmen (plus andere Fieldrecordings) mit Electronics, Subgreatbass Paetzold recorder, Radiorauschen und Tapes erweitert/angereichert. Der so kreierte, eigene Soundocean (ha, jetzt haben wir doch wieder die Verbindung zu Toop ;)) ist ein herrlich deepes Utopia aus von subtil bis ab strakt anschlagenden Klangwellen. Wir haben es, gelinde und ganz verkürzt gesagt, mit einem äußerst aussergewöhnlichen Klangerlebnis zu tun, auf welches es sich erstmal einzulassen gilt. Das bedeutet, sagt der ungestresste Rezensent, sich Zeit dafür zu nehmen, in aller Ruhe diese Reise anzutreten und im Soundmeer zu versinken. Gemeint ist hier aber bestimmt kein psychedelisches Abheben im Sinne von trippigem Schwelgen, vielmehr das aufmerksame Lauschen wie ein recht waghalsiges Experiment in aller Kratzigkeit und unermüdlichem Forscherdrang erstaunlich spektakulär aufgeht. Die richtige Voraussetzung fürs Hören dieser wundervollen Drones und Noiseeskapaden ist demnach auch, wie in den Linernotes beschrieben, folgende quasi Antierwartungshaltung: „The Sea does not reward those who are too anxious, too greedy, or too impatient. One should lie empty, open, choiceless as a beach – waiting for a gift from the sea.“ Berauschendst, Euer huckey. (KAPUZINE harald renner)
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Ausgangspunkt für diese in mehrfacher Hinsicht brillante Platte war eine Reise in den hohen Norden, genauer: zu den Lofoten, einer Inselgruppe vor der nordnorwegischen Küste – unternommen von Angélica Castelló, der Radiojournalistin Susanna Niedermayr und dem Labelchef Richard Herbst. Aufgesucht wurde die Meeresbiologin Heike Vester, die auch selber mit field recordings auf dem Label Gruenrekorder in Erscheinung getreten ist. Vester betreibt dort oben eine Initiative, die sich den Schutz der Gewässerpopulation, speziell der Wale auf die Fahnen heftet, deren Existenz durch Erdölkonzerne und deren Unterwassersprengungen arg bedroht ist. Aufnahmen, die Castelló vor Ort gemacht hat, vermengt sie mit Electronics und dem Sound ihrer Paetzold-Subbassflöte zu einem multiplen, gleichwohl präzisen wie assoziativen Klanggeflecht. Zu einem magische Stück Musik, die der Musikpublizist David Toop einen Ocean of Sound nennt. Und die von Castelló um einen wesentlichen, weil politischen Aspekt substanziell erweitert wurde. Sonic Blue geht in die Tiefe. (FREISTIL /Andreas Fellinger )